Father-Brown

 

Weitere Beispiele aus
"Die Verfolgung des Mr. Blue",
"Die Spitze einer Nadel"
und "Das unlösbare Problem"

 

Man könnte diese Beispiele nahezu ad infinitum weiter aufreihen, doch mögen zum Abschluss zwei genügen, da sie Chestertons Schreibverfahren besonders deutlich machen können. In der Geschichte Die Verfolgung des Mr. Blue kommt es zu einem Gespräch zwischen Father Brown und Mr. Taylor, in dem vier Sätze hintereinander die Fragen nämlich Taylors und die Antworten Browns mit "No ... None ... No ... No ..." beginnen. Ich habe diese Abfolge mit "Keine ... Keine ... Keine ... Keine ..." wiedergegeben. Das mag stilistisch hölzern wirken, lässt sich aber nicht vermeiden, wenn man nicht die Art, in der Chesterton seinen Priester Brown Argumentationsketten aufbauen lässt, zerstören will.

In der Geschichte Die Spitze einer Nadel schließlich schreibt Chesterton hintereinander "guy with the glasseye ... goblin with the glasseye ... goblin of the garden", verschränkt die beiden ungewöhnlichen Begriffe also miteinander. In der immer noch auf dem Markt befindlichen deutschen alten Version heißt das: "der kleine Mann mit dem Glasauge ... der Gnom mit dem Glasauge ... der Gartenzwerg" - hier wird zwar die Alliteration gehalten, die Verschränkung aber durch den unnötigen "Gartenzwerg" ebenso gebrochen wie die Poetisierung durch die zweifache Wiederholung des "Gnom", der viel unheimlicher wirkt als der trivial und farblos gewordene Gartenzwerg und außerdem die steigernde Sprachbewegung Chestertons in Richtung Unheimliches völlig untergehen lässt. Ich habe daher die Reihung "kleiner Kerl mit dem Glasauge ... Gnom mit dem Glasauge ... Gnom des Gartens" vorgezogen.

Die Reihung von Beispielen und ihre Analysierung könnte, wie gesagt, nahezu ad infinitum fortgesetzt werden, wobei dann immer wieder der gleiche Effekt zutage träte: Chestertons ungemein kunstvoll ausgeformte Sprache von hohem literarischem Rang, die selbst den vertracktesten Multifunktionen gewachsen ist, würde immer deutlicher erkennbar. Doch hoffe ich, dass das durch die hiermit abgeschlossene Neuübersetzung der 50 FB-Geschichten bereits ausreichend geleistet wurde.

Es sei daher diese kurze Betrachtung der früheren Übersetzungen, die auch als Beitrag zu Überlegungen über Übersetzungskritik dienen mag, mit einem letzten Zitat beendet. Chesterton schrieb in Der Kopf Caesars:

I can't tell you the sense of monstrosity and miracle I had when he thus silently burst the barrier between land and water.

Was ich so übersetzt habe:

Ich kann Ihnen das Gefühl des Ungeheuerlichen und Übernatürlichen nicht beschreiben, das mich überkam, als er so schweigend die Schranken zwischen Land und Wasser durchbrach.

In der von einem namhaften deutschen Verlag immer noch vertriebenen Übersetzung Rottmanns heißt es auch in der revidierten Fassung:

Mir fehlen die Worte, um Ihnen die Skala meiner Empfindungen zu schildern, die mich beim Anblick so zweifelhaften Verhaltens überkamen.

Mir auch.

 

Autor: Hanswilhelm Haefs

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