Die Sünden des Prinzen Saradine
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Hercule Flambeau und sein Freund Father Brown unternehmen eine Flussfahrt in Norfolk und besuchen einen Bewunderer des ehemaligen Königs der Diebe. Dabei geraten sie unversehens mitten in eine sizilianische Blutrache ...
"Glauben Sie an das Verhängnis?" fragte der ruhelose Prinz Saradine plötzlich.
"Nein", antwortet sein Gast. "Ich glaube an das verhängte Jüngste Gericht."
Der Prinz wandte sich vom Fenster ab und starrte ihn auf sonderbare Weise an, sein Gesicht im Schatten vor dem Sonnenuntergang. "Was meinen Sie damit?" fragte er.
"Ich meine, dass wir uns hier auf der falschen Seite der Tapete befinden", sagte Father Brown. "Die Dinge, die sich hier ereignen, scheinen nichts zu bedeuten; sie bedeuten irgendwas irgendwo anders. Irgendwo anders trifft den wahren Schuldigen die Vergeltung. Hier scheint sie oft den Falschen zu treffen."
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Hörprobe (6:44) "Die Sünden des Prinzen Saradine" aus der Reihe "Father Brown - Das Original" Laden des Audioplayers ...
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Anmerkungen des Übersetzers Hanswilhelm Haefs
"die Broads"
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Damit sind generell breite seenartige Flussmündungen bzw. Mündungsmarschen gemeint, vor allem aber diejenigen in Norfolk.
"falsche Seite der Tapete"
Ein typisches Beispiel für Chestertons Lust an Doppeldeutigkeiten: Einerseits formuliert Father Brown hier Platons alten Gedanken, dass der Mensch auf Erden nur der Schatten seiner wahreren Wirklichkeit sei, brownisch pointiert; zum anderen aber lässt sich das Bild vollkommen auf die real existierende Situation auf der Insel anwenden, der Brown ja von Anfang an misstraute: Besuche im Märchenland sind immer gefährlich.
"Einige sieben Minuten"
Ein typisches Beispiel für Chestertons Lust am Stabreim bzw. an der Alliteration: die Zahl der Minuten ist eigentlich unwesentlich, aber um des Stabreims und des Rhythmus' des Satzes willen schreibt er "Some seven minutes later" (wobei es bei Chesterton allerdings auch nicht auszuschließen ist, dass er an die 7 Tage der Schöpfung dachte, denn auch auf der Insel ist jetzt alles getan, und der Herr kann von seinem Tun ausruhen).
"à vos ordres"
französisch - zu Ihren Diensten; altmodische Floskel formeller Höflichkeit.
"um mich von meinem unglücklichen Bruder Mr. Stephen zu unterscheiden"
Chesterton hat möglicherweise den Namen Saradine gewählt, weil sich die beiden Brüder wie eine Sardine der ändern glichen.
"alter Totenschädel und gekreuzte Knochen"
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Das berüchtigte Zeichen des "Jolly Roger", der Piratenflagge, unter der einst auch der Verbrecher Flambeau gesegelt war.
"agnostische Gedanken"
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Die Lehre des Agnostizismus vertritt die Auffassung, dass man über das, was jenseits der realen Welt liege (das absolute Sein, Gott o. ä.), nichts wissen könne und daher Fragen nach deren wahrem Sein zu unterlassen habe bzw. unentschieden lassen müsse. Hauptvertreter des Agnostizismus war Thomas Henry Huxley (1825-1895).
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