Father Browns Skandal
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Klatschreporter Agar P. Rock ist sich sicher: die verheiratete Hypatia Potter will mit dem Dichter Rudel Romanes durchbrennen. Damit nicht genug: Ausgerechnet Father Brown hilft ihr dabei!
Es wäre nicht richtig, die Abenteuer von Father Brown aufzuschreiben,
ohne einzugestehen, daß er einst in einen schweren
Skandal verwickelt war. Noch immer gibt es Menschen, vielleicht
sogar aus seiner eigenen Gemeinschaft, die behaupten würden,
auf seinem Namen sei ein Fleck verblieben. Die Sache ereignete
sich in einem pittoresken mexikanischen Rasthaus von reichlich
fragwürdigem Ruf, wie sich später herausstellte; und manchen
scheint es, als habe diesmal der Priester einem romantischen Zug
in ihm und seinem Mitgefühl für menschliche Schwächen gestattet,
ihn zu fragwürdiger und unorthodoxer Handlungsweise zu
verleiten. Die Geschichte selbst ist einfach; und vielleicht besteht
das Überraschende daran in ihrer Einfachheit.
Das brennende Troja begann mit Helena; diese schmachvolle
Geschichte begann mit der Schönheit von Hypatia Potter. Amerikaner
besitzen die von Europäern nicht immer geschätzte große
Gabe, Institutionen von unten herauf zu schaffen; nämlich durch
Volksinitiative.
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Hörprobe (4:31) "Father Browns Skandal" aus der Reihe "Father Brown - Das Original" Laden des Audioplayers ...
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Anmerkungen des Übersetzers Hanswilhelm Haefs
"Hypatia Potter"
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In Lemprière's Wörterbuch ist unter "Hypatia" eingetragen: "Einwohnerin von Alexandrien, berühmt wegen ihrer Schönheit, ihrer Tugend, ihrer großen Gelehrsamkeit und ihrer Schriften über Algebra. Sie wurde AD 415 von christlichen Fanatikern ermordet." Sie lehrte als erste Frau in Alexandrien die platonische Philosophie; da über ihre Ermordung durch den Pöbel lediglich eine arianische Tradition bekannt ist, kann man über die Gründe ihres Endes nichts sagen. Es ist zu vermuten, dass auch solche Quellen Gilbert Keith Chesterton Anlass zu seinen oftmals bizarr anmutenden Personennamen geliefert haben.
"Rudel Romanes"
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Fiktive Gestalt. Möglicherweise hat G. K. Chesterton in ihr den britischen Naturphilosophen George John Romanes verspotten wollen, der 1873 Christian Prayer and General Laws veröffentlichte, 1878 A Candid Examination of Theism - worin er sich als strenger orthodoxer Christ zeigte, 1882 Fallacy of Materialism - die ihn als Monisten ausweist, 1893 Darwin and after Darwin und 1895 Thoughts on Religion - die wieder der reinen orthodoxen Lehre zuzurechnen sind.
"Maud Mueller" ... »Es hätte können sein« ("It might have been!")
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Chesterton bezieht sich hier auf die letzten Zeilen des Gedichts "Maud Muller" des amerikanischen Dichters John Greenleaf Whittier.
Maud Muller
[...]
Then she took up her burden of life again,
Saying only, "It might have been."
Alas for maiden, alas for Judge,
For rich repiner and household drudge!
God pity them both! and pity us all,
Who vainly the dreams of youth recall.
For of all sad words of tongue or pen,
The saddest are these: "It might have been!"
Ah, well! for us all some sweet hope lies
Deeply buried from human eyes;
And, in the hereafter, angels may
Roll the stone from its grave away!
"Bret Harte"
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Francis Brett Harte (1836-1902), US-Journalist und bedeutender Vertreter der angelsächsischen Short Story; lebte ab 1885 in London.
"Dagos"
Angelsächsisches Schimpfwort für Angehörige aller romanischen Völker mit Ausnahme der Franzosen, die man Froschfresser schimpft, und der Italiener, die auch "whops" = Spaghettifresser heißen (entstanden aus Sankt Jakob zu Spanisch Santiago zum Vornamen Diego = spanisch Jakob, verangelsächsischt zum Schimpfwort Dago; etwa wie "Fritz" als Schimpfwort für die Deutschen, oder später "Krauts" = Sauerkrautfresser).
"Kingsleys Romanze"
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Charles Kingsley (1819-1875), englischer Kleriker, Dichter und Novellist; veröffentlichte 1853 als Novelle "Hypatia", in der er als unübertroffen geltende Beschreibungen der ägyptischen Wüste aus der Phantasie schuf.
"Augustinus"
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Gemeint ist der Benediktiner Augustinus (gest. 604), der, von Papst Gregor I. 596 als Abt nach England entsandt, 597 Bischof und 601 Primas mit Sitz in Canterbury wurde; er gilt als Apostel der Angelsachsen.
"Geduldige Griselda"
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Griselda soll die Frau des Grafen Walter von Saluzzo im 11. Jahrhundert gewesen sein; Boccaccio (Decamerone, 10. Tag) und Petrarca betrachteten die Unglücke ihres Lebens als historische Tatsachen, als sie über sie schrieben: Boccaccio um 1350 (wohl bereits nach einem provenzalischen fabliau), Petrarca in einem lateinischen Brief 1373, der ca. 1470 erstmals gedruckt und als "La Patience de Griselidis" ins Französische übersetzt wurde. Die Geschichte wurde bereits 1395 dramatisiert, Chaucer verwendete sie nach der Petrarca-Version in seinen Canterbury Tales. Es liegen zahlreiche Sammlungen der Griseldis- Balladen, -Volkserzählungen, -Volksbücher usw. vor allem im Französischen und Englischen vor.
"Economics of Usury"
(Wirtschaftlichkeit des Wuchers)
"Watts"
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George Frederic Watts (1817-1904), englischer Maler und Bildhauer vorwiegend von mythologischen und allegorischen Themen. (G. K. Chesterton veröffentlichte 1904 über ihn eine Monographie.)
"hyazinthene Locken"
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Der hl. Hyazinth rettete beim Mongolensturm 1240 gegen Kiew seine dominikanischen Ordensbrüder in seinem Mantel über den Dnjestr (der damals zugefroren war, was den mongolischen Reitern ihren Angriff sehr erleichterte).
"Schießpulververschwörung"
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Das Gunpowder Plot sollte am 5. November 1605 König James I. und das britische Parlament in die Luft sprengen, um eine befürchtete Rekatholisierung in der Folge unklug eifernder jesuitischer Emissäre vom Kontinent und ihrer geringen, aber fanatisierten Gefolgschaft zu verhindern. Die Durchführung des Attentats war Guy Fawkes anvertraut.
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